Dan Perjovschi, ohne Titel, 2017

Die Ausstellung Drawing Politics des rumänischen Künstlers Dan Perjovschi war die zweite Ausstellung der Stiftung Reinbeckhallen. Heute, fast fünf Jahre später erscheint die Installation besonders angesichts der jüngsten Ereignisse in einem neuen Licht und büßt nach wie vor nichts an Aktualität bezüglich der Thematik ein.

Als work-in-progress gedacht, arbeitete Perjovschi im Vorfeld der Eröffnung in der Ausstellungshalle der Stiftung Reinbeckhallen und gestaltete seine Arbeiten direkt auf den Wänden, darunter Zeichnungen und Collagen. Die Werke wirken wie eine direkte, unmittelbare Reaktion auf das Erlebte, einen Artikel oder ein Bild und werden allerdings oftmals erst zu Papier gebracht wenn sich ein passender Bildträger gefunden hat. Die Zeichnungen werden im Vorfeld gut recherchiert, immer wieder optimiert und verfeinert. So kommentieren sie scharfsinnig gesellschaftliche Phänomene und festgefahrene Strukturen, Missstände und Ereignisse der Weltpolitik oder auch Dinge, die den Künstler persönlich betreffen.

Dan Perjovschi
Abbau der Ausstellung "Drawing Politics", Wand mit dem Werk ohne Titel, 2017 | Foto © Simone Artale | RBH

Das von der Stiftung Reinbeckhallen erworbene Kunstwerk ist ein Teil der Installation und besteht aus vier Zeitungsseiten und einer Marker-Zeichnung, die von dem Papier auf die weiße Wand übergeht. Das Werk zeigt die Ironie von einem Händedruck im Schatten von Raketen und Mienen. Perjovschi sagt, es ist eine Version der Berliner Mauer, aber in Korea. Wir befinden uns in einer Welt der Spaltungen, und einige davon sind Abgründe. Das Thema Korea, die Teilung des Landes, die Diktatur des nordkoreanischen Führers, die südkoreanische Besessenheit vom Frieden um jeden Preis ist kein neues, sondern ein wiederkehrendes Thema für den Künstler. In den letzten 10 Jahren hatte Perjovschi zwei Einzelausstellungen im Total Museum of Contemporary Art in Seoul im Rahmen derer er einerseits die Sensibilität und andererseits die Brutalität der koreanischen Gesellschaft untersuchte.

Seit 1990 ist Dan Perjovschi auch als Journalist tätig und veröffentlicht immer noch Zeichnungen, hauptsächlich in Revista 22, einer unabhängigen Wochenzeitschrift in Bukarest – und das jede Woche, seit 32 Jahren. Der Künstler gibt zu die Druckmedien zu lieben. Er liest und sammelt Zeitungen und spezielle Publikationen über Politik und Kultur; auch Boulevardzeitungen, aber in diesem Fall nur um zu sehen was die breite Masse umtreibt.

Zeitungen sind für Perjovschi ein fester Bestandteil seines Lebens, der Hintergrund seiner künstlerischen Praxis und gleichzeitig eine Inspiration, wie die Ausstellung Drawing Politics aufzeigt.

In seiner Arbeit schafft Dan Perjovschi einen Raum für kritische Reflexion und fordert das Publikum auf, sich zu beteiligen und in einen Dialog zu treten. Jeden Tag entstehen neue Zeichnungen und er hält die Betrachtenden auf dem Laufenden über das, was in der Welt passiert, und inspiriert sie, zu antworten und zu reagieren.

Ekaterina Broytman


Dan Perjovschi (*1961 in Sibiu, Rumänien), lebt und arbeitet in Bukarest.

Perjovschi hat sein Werk weltweit in rennomierten Institutionen und auf Veranstaltungen präsentiert, darunter Art Institute of Chicago, Chicago | Hamburger Kunsthalle, Hamburg | MOT Museum of Contemporary Art, Tokyo | Museum of Contemporary Art Kiasma, Helsinki | Hamburger Bahnhof, Berlin | 48. und 52. Biennale di Venezia, Venedig | 9. Istanbul Biennale, Istanbul | 2. The European Biennial of Contemporary Art „Manifesta“.

Darüber hinaus ist Perjovschi Preisträger verschiedener Auszeichnungen wie dem Rosa-Schapire-Kunstpreis, den Princess Margriet Award der European Cultural Foundation und dem George Maciunas Preis.

Seine Werke finden sich in öffentlichen Sammlungen, darunter Ludwig Museum, Budapest | MoMA, New York | Centre Pompidou, Paris | Moderna Museet, Stockholm, Tate Collection | London